Deutschland Tour 2011/12

* 122. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 1.08.2011 *
Strecke: Malchow - Waren (Müritz) (12 km) / Gesamtstrecke: 1666 km
Dauer: 3h /
Google Maps 122. Etappe

 

- Mit Handicap nach Waren -
So dolle fühlte ich mich wirklich nicht, aber es mußte ja weiter gehen. Also beschloß ich, soweit laufen, wie es geht und dann den Zug zu nehmen. Eines kann ich nämlich absolut nicht brauchen, nämlich länger flach zu liegen. Bis Nossentin ging es also und dann reichte es aber auch. Eine weitere Aufgabe war, mir noch für Waren Gastgeber zu suchen. Trotz mehrfacher Anfragen von verschiedenen Seiten kam noch nichts zustande. Ich vertraute also darauf, daß es sich irgendwie wieder fügen würde, wie auf der bisherigen Tour so oft erlebt.

 

- Die Kettenreaktion von Verchen -
Und genauso kam es. Es meldete sich Herr Ringguth per Telefon bei mir. Er ist Landtagsabgeordneter in Meck Pomm. Ja genau, da gab es ja schon die hilfreichen Herren Reinhardt und Renz, die mich an die liebenswürdigen Neu Sammiter weiterempfohlen hatten. Begonnen hat alles mit der sympathischen Bürgermeisterin Petra Kasch, die beim Abendessen in Verchen am Nebentisch Marc Reinhardt entdeckte.
Und besagter Wolf-Dieter Ringguth ist nicht nur ein Kollege der beiden, sondern - oh Wunder - auch der Vorsitzende des Tourismusverbandes Mecklenburgische Seenplatte e. V. Ich dachte, ich höre nicht richtig. Das waren wieder wunderbare Zufälle. Da Waren an der Müritz in dieser Jahreszeit die Hauptadresse für die Seenplatten-Touristen ist, schüttelte er auch nicht mal eben 20 Alternativen aus dem Ärmel, aber er hatte einen befreundeten Hotelier als Gastgeber für heute gewinnen können. So machte ich mich auf den Weg zur Villa Margarete. Reichlich platt, wie ich anfügen möchte. Und ab in die Waagerechte.

 

 

 

 

 

 

 

 


* 123. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 2.08.2011 *
Ruhetag in Waren (Müritz) / Gesamtstrecke: 1666 km

 

- Das Hotel am Tiefwarensee und ihr tolles Konzept -
Durch die wunderbare Vermittlung der Deutschlandtour-Freunde Wolf-Dieter Ringguth und Marita Klemmer vom Tourismusverband Mecklenburgische Seenplatte e. V. durfte ich wieder zwei sehr interessante "Übernachtungsmöglichkeiten" kennenlernen.
Da war zum einen das Hotel am Tiefwarensee, in dem ich meinen zweiten Tag in Waren verbrachte. Wenn man sich auf der Webseite informiert, liest man da von einem sehr schönen, aber "normalen" Hotel. Das stimmt auch. Eine kleine Besonderheit wird dabei nicht "an die große Glocke gehängt". Das Hotel gehört zum Lebenshilfswerk Waren gGmgH. Viele Mitarbeiter dort sind Menschen mit geistig oder körperlichem Handicap. Sie werden ganz normal integriert und machen ihren Job. Tolle Sache.
So richtig voll konnte ich, wie schon erwähnt, den Aufenthalt nicht genießen. Ich lag fast den ganzen Tag flach. Die Nase lief und Kopfschmerzen gesellten sich auch dazu. Super. Ich will nicht jammern, aber sowas kann ich beim Wandern gar nicht brauchen. Welchem Gastgeber kann ich denn krank auf die Nerven fallen?

 


* 124. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 3.08.2011 *
Strecke: Waren (Müritz) --> Rechlin (13 km) / Gesamtstrecke: 1679 km

Dauer: nicht relevant

 

- Wie mit einem 30kg-Rucksack unterwegs -

Nachdem ich mich um halb neun aus dem Bett gequält hatte, versuchte ich ein paar Happen zu frühstücken. Großen Hunger hatte ich allerdings nicht. Als heutiges Etappenziel stand Rechlin auf dem Plan und dort ein Tretboot mit Kajüte. Das war die dritte interessante Vermittlung von Frau Klemmer und Herrn Ringguth vom Tourismusverband Mecklenburgische Seenplatte e. V.
Aber vorher mußte ich erstmal nach Rechlin kommen. Wir kam es vor, einen 30kg-Rucksack zu transportieren. Ich wollte zunächst mal bis Federow laufen und dann schauen, wie's mir geht. Ging so lala. Aber weiterlaufen war mir zu riskant. So ging es mit dem Bus durch den wunderschönen Müritz-Nationalpark bis nach Boek. Dort wartete dann die zweite Laufetappe auf mich, da der Bus nicht bis nach Rechlin fuhr. Ich war so platt, als ich in Rechlin am Yachthafen ankam. Bernd Scheiter nahm mich in Empfang. Er baut Hausboote (www.woterfitz.de) und bot mir als ziemlich außergewöhnlichen Schlafplatz die "Lütt Hütt" an. Das ist eine Eigenkreation von ihm, ein Tretboot mit schnuckliger 2-Personen-Kajüte. Grandioses Teil. Schaut Euch das mal online an.
Dann ist nicht mehr viel passiert. Rucksack rein, ich hinterher, schlafen.

 

 


* 125. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 4.08.2011 *
Strecke: Rechlin --> Wesenberg (0 km) / Gesamtstrecke: 1679 km
Dauer: nicht relevant


- Schlecht geschlafen -
So toll die "Lütt Hütt" auch war, mit verstopfter Nase, Glieder- und (leichten) Kopfschmerzen fand ich nicht viel Ruhe. Das lag aber in keinster Weise an diesem coolen Tretboot mit Kajüte. Man liegt sehr bequem und ausreichend Platz ist auch vorhanden.
Früh brauchte ich lange, bis ich mich frisch genug zum Rucksackpacken fühlte. Ich hätte beinahe das Frühstück im Ferienzentrum verpennt.

- Mit dem "Taxi" nach Wesenberg -
Obwohl die schwer beschäftigte Chefin "von det Janze", Klaudia Ringguth, von A nach B nach C nach D wuselte, fanden wir doch etwas Zeit, uns bei einem Cappuccino kurz zu unterhalten. Ich bin auch hier wieder froh und dankbar, für die herzliche Unterstützung und die guten Wünsche. Im Rechliner Yachthafen war ich ganz sicher nicht zum letzten Mal. Schon allein deshalb nicht, weil mich der Tretboot-Tüftler Bernd Scheiter zu einer Woche Urlaub in/mit der "Lütt Hütt" eingeladen hat. Das Boot läßt sich allerdings nur zu zweit bewegen. Mal sehen, wer sich da noch dazu gesellt... ;-) An ein Weiterlaufen war allerdings noch nicht zu denken, deshalb nahm ich das Angebot einer Kollegin von Frau Ringguth an und ließ mich bis Wesenberg mitnehmen. Das lag für sie auf dem Weg.

- Ick bin ein Rookhuser -
Meine nächsten Gastgeber waren Andrea & "Magic" Alexander Borchard vom Familotel Borchard's Rookhus in Wesenberg. Was soll ich sagen, hier gehen mir dann die Superlative aus. Das fängt mit einer wirklich traumhaft gelegenen Location im englischen Landhausstil am idyllischen Labussee an. Die beiden haben in "grauer Vorzeit", d. H. Anfang der 90er eine alte Jugendherberge - zwar mit viel Land drumherum, aber alles in einem bemitleidenswerten Zustand - gekauft und haben dafür reichlich Kopfschütteln geerntet. "Wie kann man so bekloppt sein?" "Was wollt Ihr denn daraus machen?"
Tja, was die beiden mit ungeheuer viel Engagement in den letzten 18 Jahren "daraus" gemacht haben, ist ein Paradies für Familien mit Kids. Für die kleinsten, kleinen und mittleren Kinder gibt es eine Fülle an Spiel-, Ausprobier-, Bastel- und Beschäftigungsmöglichkeiten. Beispiele gefällig?
Der Strand zum See liegt nur einen Steinwurf entfernt. Es gibt so viele verschiedene Spielzimmer, daß garantiert kein "Kleener" dumm herumsteht. Als mir Andrea und Alex das Haus zeigten, kamen wir auch ins Dachgeschoss. Dort war heute kollektives Pizzamachen und -essen angesagt. An einer laaangen Tafel saßen bestimmt 40 Kiddies im Alter vier bis sechs, würde ich sagen, und mampften genüßlich ihre selbstbelegte Pizza. Der Pizzaofen stand im gleichen Raum, es war also alles ratzfatz fertig. So nebenbei führte der Chef höchstselbst als "Magic-Alex" ein paar tolle Close up-Zauberkunststücke vor und die Kinderaugen wurden immer größer.
Im Buffetbereich gibt einen extra Raum, wo für die "kleinen Leute" Eis, Nachspeisen, Säfte in ihrer Höhe und Reichweite angerichtet wird, so daß sie sich selbst bedienen können.
Als ich mit Andrea und Alex gerade beim Essen saß, kam aus der Küche der Hinweis, daß der "Piratentanz" gleich aufgeführt wird. Selbstverständlich unterbrachen beide gleich das Essen und eilten mit einem "Da muß man Prioritäten setzen" in die Küche, um mitzumachen. Eine ganze Anzahl Kinder stand schon erwartungsfroh im Küchenbereich.
Andrea erzählte mir mit glänzenden Augen, welche Ideen noch verwirklicht werden sollen (z. B. das Schwimmbad) und was alles schon besteht, was man auf den ersten Blick gar nicht sieht.
Die Eltern können guten Gewissens ihre Kleenen in sorgsame Hände geben und haben Zeit zum lesen, plaudern, oder online gehen in einer der gemütlichen Couchecken. Es gibt Billard, Tischfußball, eine englischer Pub zum "Klönen unter Männern", Bücher, Zeitschriften, div. Ausflugs- und Sportmöglichkeiten im Umkreis.
Kurz gesagt: Das müßt Ihr gesehen haben!! www.rookhus.de

 


* 127. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 6.08.2011 *
Strecke: Wesenberg --> Lychen (13km) / Gesamtstrecke: 1692 km 

Dauer: 3h / Google Maps 127. Etappe

 

- Das fühlt sich schon besser an -
Durch ausreichend Schlaf läßt sich so ein Gesundungsprozess schon unterstützen. Ich fühlte mich heute viel besser und freute mich auch schon wieder auf die neue Etappe. Es ging an Fürstenberg vorbei nach Lychen, ebenfalls ein nettes, kleines Städtchen, das malerisch zwischen sechs Seen eingebettet liegt. Das Wanderwetter machte es mir einfach, wieder loszulaufen.

- Ein Stückchen "echte" Natur -
Meine heutige Gastgeberin Bärbel gewährte mir Asyl in ihrem "Paradiesgarten", wie sie selbst sagte. Das ist in der Tat ein ziemlich naturbelassener Grünstreifen direkt am Oberpfuhl, mit einem Wohnwagen (ihr Urlaubsdomizil), einer Blockhütte (meine Unterkunft), der Hündin Luna, einer ganzen Reihe von Obstbäumen und einem Ruderboot. Bärbel ist eine sehr naturverbundene, liebenswerte Person, die diesen Platz richtig liebt und bereits seit mehreren Wochen dort ist. Als ehemalige Lehrerin hatte sie wohl schon genug Krach umsich, um diese Ruhe nun so häufig, wie möglich genießen zu wollen.
Nach einem Sprung in den See meinerseits, aßen wir gemütlich zu Abend und erzählten Wandergeschichten.

 


* 129. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 8.08.2011 *
Strecke: Lychen --> Templin (22 km) / Gesamtstrecke: 1714 km
Dauer: 6h /
Google Maps 129. Etappe

 

- Ab in den Wald -
Bis heute Vormittag waren die beiden nächsten Etappenorte Templin und Zehdenick noch offen. Dann machte sich das Handy mit einer sms bemerkbar: "Habe eine Übernachtungsmöglichkeit in Templin für sie". Super, da hat der heutige Zeitungsbericht schon mal voll eingeschlagen. Dieses Angebot kam, wie sich später herausstellen sollte, vom örtlichen Schul-Förster. Hatte ich noch nicht, öfter mal was Neues.
Wie man sich vorstellen kann, lebt so ein Förster nicht im 14. Stock in einer Plattenbausiedlung, sondern im Grünen. Und dieser hier mit seiner Familie mitten im Wald. Zumindest, wenn man sich von der Seite dem Haus nähert, die ich gewählt hatte. Man hatte den Eindruck, da sagen sich Fuchs und Hase nicht "Gute Nacht", sondern gehen grußlos aneinander vorbei. :-) Die ganze Etappe heute war lang, ging aber immer schön an div. Seen vorbei und ließ sich gut wandern. So kam ich dann auch müde, aber gut gelaunt am "Hexenhäuschen" an. Joachim und seine Frau Conny hießen mich herzlich willkommen. Es gab zwar einen See vor der Tür, aber glücklicherweise auch eine heiße Dusche im Haus. Ich wählte letztere Variante und freute mich auf das Abendessen. Conny hatte sehr leckeres Wildgulasch zubereitet. Für die Familie Lange war das eher normale Hausmannskost, aber mein letztes Wildgericht gab es bei Fränkie Petersen in Flensburg-Handewitt. Lang, lang ist's her.

 

 

 

- innovatives Konzept der Waldhofschule Templin -

Wie die bisherige Tour immer wieder Beispiele lieferte, so lernte ich auch heute wieder außergewöhnliche Menschen mit außergewöhnlichen Geschichten kennen. Conny und Joachim sind Lehrer an der Waldhofschule in Templin. Das ist eine privat finanzierte Schule, in der vieles ein klein- (oder groß-) wenig anders läuft, als anderswo.
Hier lernen "normale" Kinder und Kinder mit irgendwelchen Handycaps (geistig, körperlich, lernbehindert) zusammen. Und das funktioniert hervorragend. Bis zur 6. Klasse gibt es keine Noten und durchfallen ist in der Regel auch nicht möglich. "Wir brauchen jeden. Keiner wird vergessen." heißt es hier.
Joachim beispielsweise ist als Schul-Förster angestellt, der den von der Schule beachteten Wald mit den Kindern bewirtschaftet. Ganz oben steht das Bestreben, wieder natürliche Vorgänge, wie in einem ursprünglichen "Urwald" zu ermöglichen. D. h. zu berücksichtigen, welche Pflanzenarten überhaupt zur Umgebung passen. Welche Bäume passen zueinander, so daß sich gesunde Bäume entwickeln können und kranke wieder in den natürlichen Kreislauf übergehen. Wo sollte man roden, um Platz zu schaffen und wo nicht? Joachim sagte: Wenn man diesen natürlichen Regulierungsprozeß wieder in Gang bringt, ist der weitere Aufwand sehr gering. Man erhält wunderbares Nutzholz, nimmt aber nur soviel, daß der natürliche Kreislauf nicht gestört wird.
Und die Kinder sind voll integriert. Sie kennzeichnen die Bäume, die reif zum schlagen sind. Vermessen Anfahrtschneisen, kalkulieren Kosten, schreiben Angebote an Holzverwerter und verkaufen das Holz auch. Laut Joachim kommen da ganz lustige Situationen zustande, wenn sie gemeinsam überlegen, wie ein besserer Preis erzielt werden kann. "Der Käufer muß sich wohl fühlen. Wie machen wir das?" "Wir könnten einen Kuchen backen und ihn zum Kaffee einladen." Und dann handeln die Kleenen mit den Holzeinkäufern die Preise aus, wie auf einem marokkanischen Teppichmarkt. Großartig!
Wir saßen noch lange vor einem Feuerkorb auf der Terrasse und erzählten. Das sind sehr bereichernde Begegnungen.

 


* 130. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 9.08.2011 *
Strecke: Templin --> Zehdenick (20 km) / Gesamtstrecke: 1734 km
Dauer: 5h /
Google Maps 130. Etappe

 

- Urwald mitten in Brandenburg -
Mein Gastgeber Joachim machte gestern den Vorschlag, zeitig aufzustehen und dem örtlichen "Urwald" einen Besuch abzustatten. Während ich mich noch fragte, was er damit wohl meinte, saßen wir heute Morgen schon im Auto und fuhren ein kurzes Stück zum entsprechenden Waldabschnitt.
Joachim erklärte mir, daß man unter "Urwald" ein den natürlichen Vorgängen und Abläufen überlassenes Waldebiet versteht. Nach einem Spaziergang durch ein Waldstück, wie ich es kenne, wurde der Unterschied sofort klar. Wir kamen an ein, mit Buchen dicht bewachsenes Stück, bei dem ich mich fragte, wie er da denn durchlaufen will. Doch Joachim drückte die Zweige zur Seite und war verschwunden. Die undurchdringliche Wirkung wurde hauptsächlich durch das dichte Blätterwerk erzeugt. Wenn diese zur Seite schob, mußte man sich den Weg zwar immer noch suchen, es ging aber schon leichter.
Joachim erklärte mir wunderbar, die natürlichen Abläufe und wie ein unbeeinflußter Wald sich selbst reguliert. Das ist z. B. für die Nutzholzgewinnung weit wirtschaftlicher, als alles abzuholzen und dann wieder aufzuforsten. Nebenbei zeigte er mir die Seeadler, die sich hier im Wald wieder angesiedelt haben. Absolut imposant, wenn so ein großer Greifvogel durch die Baumwipfel geleitet. Sehr spannend und ganz andere Eindrücke, als ich sie bisher hatte.

Ausgerüstet mit einer Ration endleckerem "Rehbifi" von Joachim ging es dann wieder "on the road again".

- Die Tonlandschaft in Zehdenick -
Auf dem Weg nach Zehdenick kommt man an einer Seenlandschaft vorbei, die ursprünglich im 19. Jahrhundert durch den Abbau div. Ton-Sorten entstanden ist. Das ganze Gebiet war weithin bekannt dafür und ein Großteil der Berliner Backsteinhäuser wurden aus diesen Tonziegeln erbaut. Heute liegen die alten Fertigungsstätten natürlich brach.

- Das gastfreunliche Haus Kerner -
Als Joachim hörte, daß in Zehdenick noch kein Gastgeber gefunden war, dachte er sofort an seinen Kollegen Jörg. Ein kurzer Anruf gestern und die Sache war geritzt.
Gleich die erste Begegnung mit ihm und seiner Familie war sehr herzlich und unkompliziert. Sie haben auch eine bewegte Vergangenheit und demzufolge viel zu erzählen. Dazu kam es dann auch später, nach dem Abendessen und einer nötigen Dusche. Zwei Nachbarinnen schauten noch vorbei und so hatten wir sehr angenehme Gespräche.
Jörg und seine Frau Karen - beide praktizierende Christen - waren einige Jahre in Afrika, haben viel erlebt. Er ist seit einigen Jahren in der Waldhofschule in Templin angestellt und in verschiedenen Funktionen tätig. Auch wieder eine "zufällige" Begegnung, die toll zu meiner Tour paßt.

 


* 132. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 11.08.2011 *
Strecke: Oranienburg --> Berlin (0 km) / Gesamtstrecke: 1755 km

Google Maps 132. Etappe

 

- Im Regen nach Berlin -
Das Erreichen unserer Hauptstadt wäre bei etwas schönerem Wetter schon stimmungsvoller gewesen, aber man kann sich's nicht aussuchen. Sofort umfaßt einen das wuselige Treiben. Ist einfach viel los hier.

- Das SOS-Kinderdorf in Moabit -
Meine erste Verabredung hatte ich mit dem SOS-Kinderdorf in Berlin-Moabit. Silke, eine sehr nette Mitarbeiterin aus der Öffentlichkeitsarbeit, nahm mich in Empfang und zeigte mir das Haus. Es gibt hier zwar auch "klassische" Kinderdorf-Familien, aber das Angebot ist noch viel weiter gefächert und den örtlichen Notwendigkeiten angepaßt. Das "Mehrgenerationenhaus" bietet "...Menschen jeden Alters die Möglichkeit, sich ungezwungen zu begegnen, eigene Fähigkeiten einzubringen und von der Kompetenz anderer zu profitieren...". Es gibt Hausaufgabenhilfe, Sprachunterricht, soziale Beratungsstellen, eine Kita, etc. Tolle Sache!
Man hat auch den Eindruck, daß sich die Mitarbeiter hier sehr wohl fühlen. Heute war beispielsweise wieder Franziska, die Masseurin, da. Die Mitarbeiter können sich hier im Haus regelmäßig durchkneten lassen. Netterweise dürfte ich heute auch davon profitieren. Sehr angenehm.

 


* 133 -135. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen *
12. - 14.08.2011 - Aufenthalt in Berlin (0 km) / Gesamtstrecke: 1755 km

 

- Afrikanischen Frühstück -
Ich stand etwas früher auf, um Frühstücksbrötchen zu holen. Mira mußte ab 9:00 Uhr zur Arbeit, so konnten wir noch zusammen frühstücken. Ihr Freund, ein Musiker aus Gambia, war auch da. Er arbeitet mit Kindern, macht musikalische Früherziehung. Ist so eine Art Trommelgott. Interessanter Typ.

- Angie, die Lachyoga-Queen -
Dann ging es auch wieder auf die Piste. Aber nicht sehr weit. Angie, eine "alte" Freundin aus Frankfurter Tagen lebt und arbeitet seit acht Jahren hier in Berlin. Als Bundeskanzlerin hat sie natürlich viel zutun und...
Kleiner Scherz :-) Angie hat sich mit viel Fleiß und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten eine Selbständigkeit aufgebaut und gibt Seminare für Persönlichkeitsentwicklung und Lachyoga. Speziell Letzteres ist etwas gewöhnungsbedürftig. Bei den Filmchen auf youtube kann man sich nicht recht vorstellen, wie man Probleme "weglachen" soll. Das hat sie sich auch nie vorstellen können, sagt sie, aber als Teil eines umfassenderen Coachings hat sie damit ziemlichen Erfolg. Ich ziehe da meinen Hut, denn im Coaching-Bereich gibt es ja viele Schlaumeier, die viel erzählen, aber nicht davon leben können (siehe www.lachen-verbindet.de).

 

- Durch den Berliner Dschungel streifen -

Ich habe die Berliner Tage Freitag - Sonntag in ein Tagebuch zusammengefasst, da ich häufig ohne Plan durch die Stadt gestreift bin. An ein paar "Sehenswürdigkeiten" bin ich auch vorbeikommen, aber eher unabsichtlich. Es gibt so unterschiedliche Stadtviertel hier. Mal ist es sehr ruhig, manchmal menschenleer. Mal pulsiert das Leben. Mal gibt es sehr deutsch geprägte Viertel, dann wieder very multikulti. Es macht Spaß, in einem Neu-Köllner Cafe, die vielen unterschiedlichen Nationalitäten vorbeigehen oder -fahren zu sehen.
50 Jahre Mauerbau ist auch gefeiert worden. Naja, wohl eher, daß die vor 50 Jahren gebaute Mauer längst nicht mehr als trennendes Bauwerk existiert. Eine lange Reihe mit bemalten Resten findet man z. B. in Friedrichshain. Coole Stadt.

 


* 136. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 15.08.2011 * Aufenthalt in Berlin (0 km) / Gesamtstrecke: 1755 km

 

- Kaffeetrinken mit Christian Schenk -
Bevor ich heute wieder zu meinem nächsten Gastgeber Kalli nach Berlin-Neukölln umzog, stand noch ein Besuch bei Christian Schenk auf dem Programm. Für die Jüngeren: CS war Ende der Achtziger und Anfang der Neunziger ein echter Leichtathletik-Hero. Die Krönung war 1988 bei den Olympischen Spielen in Seoul die Goldmedaille im Zehnkampf.
In seinem Büro empfing mich ein entspannter, gut gelaunter CS, der seit geraumer Zeit sein Geld mit der eigenen Sportmarketingagentur (www.cssports.de), als Coach (www.erkenne-deine-staerken.de) und als Moderator von Sport- und Benefizveranstaltungen verdient. Den Kontakt hat der Verein KiO, für den ich auch Spenden sammel, hergestellt. CS ist dort auch sehr engagiert. Es war eine angenehmes Gespräch über KiO, soziales Engagement, Lebenskrisen und das Verwirklichen von Zielen. Interessant.

- Der GO-Spieler von Neukölln -
Mein heutiger Gastgeber Kalli lebt mit seiner Frau Pei in dem Multikulti-Kiez Neukölln. Er ist auch ein SERVAS-Gastgeber und arbeitet zum Teil als GO-Lehrer. Das ist ein Jahrhunderte altes Strategiespiel aus China, vielseitiger und variantenreicher als Schach.
Wir sind abends zu einem Jugendklub in der Nähe gegangen, wo Kalli GO unterrichtet. Und die finden das klasse. Seine Frau Pei kommt aus Taiwan und ist Filmemacherin. Dann waren da noch zwei ziemlich neugierige Katzen, die alles ganz genau überprüfen wollten. Kalli hat mir noch eine Handvoll GO-Spiele aus Pappe für das SOS Kinderdorf in Brandenburg, das ich am 17.08. besuche, mitgegeben. Seine Spende für die Tour. Besten Dank!

 

 


* 137. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 16.08.2011 *
Strecke: Berlin --> Potsdam (13 km) / Gesamtstrecke: 1768 km
Dauer: 3h /
Google Maps 137. Etappe

 

- Brezel-Frühstück und Kiez-Besichtigung -

Da ich den üblichen asiatischen Frühstückstrunk von Kalli und Pei verschmähte - ein Pulver aus gemahlener Nüssen, Wurzeln, Früchten, etc. wird mit heißem Wasser aufgegossen. Schmeckt seltsam - kam ich in den Genuss, die Brezel Company an der Ecke zu testen. Dort war es lecker und man sitzt außen auf, an der Hauswand angeschraubten Klappsitzen. Eine lustige Idee, die ich so auch noch nicht gesehen habe.
Bevor es wieder auf die Piste ging, zeigte mir Kalli noch ein paar schöne Stellen in seinem "Kiez". Wirklich sehr farbenfroh und international.

- Babelsberg statt Potsdam -
Heute hatte sich noch kein Gastgeber für das nächste Etappenziel Potsdam gefunden, also ging ich los und wartete mal ab, was sich so ergibt. In der Filmstadt Babelsberg (kurz vor Potsdam) fiel mir das Hinweisschlid zur örtlichen Jugendherberge auf. Tja, mal sehen, ob die mich auch unterstützen. Ich erzählte dem diensthabenden "Chefinspektor" mein Vorhaben, zeigte das Gastgebertagebuch und bat um eine gastfreundliche Bleibe. Es klappte. Besten Dank! Zum Besuch der Filmstadt reichte es leider nicht mehr, aber überall hängen irgendwelche Plakate herum. Keine weiteren besonderen Vorkommnisse.

 

 

 

 


* 138. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 17.08.2011 *
Strecke: Potsdam --> Brandenburg (21km) / Gesamtstrecke: 1789 km
Dauer: 5h /
Google Maps 138. Etappe

 

- Schloss Sanssouci -
Auf dem Weg nach Brandenburg bot es sich an, einen kleinen Abstecher zum berühmten Schloss Sanssouci zu machen. Das Wetter war phantastisch, die Touristen nicht zu zahlreich vorhanden und alles glänzte in der Sonne. Das machte schon mehr Spaß, als an den letzten regnerischen Tagen. Auch dieses Gebiet ist wieder mit einigen schönen Seen durchsetzt. Theoretisch hätte ich auch den kompletten Weg von Potsdam nach Brandenburg mit dem Kanu zurücklegen können, da die ganzen Seen und Kanäle miteinander verbunden sind. Na, ein andermal vielleicht.

- SOS Kinderdorf in Brandenburg -
Am Abend nahm mich die sympathische Frau Otto vom SOS Kinderdorf ganz herzlich in Empfang. Auch dieses Dorf liegt - wie auch schon das in Hamburg - sehr schön im Wald eingebettet und an den Gördensee angelehnt. Wir haben gleich nach meiner Ankunft eine Familie besucht, weil kurz danach die Kleenen ins Bett mußten. Machte alles einen sehr sympathischen Eindruck. Drei Kiddies haben mir ganz stolz ihre Zimmer gezeigt. Sie fühlen sich hier wohl, das merkt man gleich. Man kann nur erahnen, daß die Gründe für ihre Anwesenheit hier sehr belastend gewesen sein müssen. Morgen schaue ich mir das Dorf mal genauer an.

 


* 139. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 18.08.2011 *
Strecke: Brandenburg --> Brück (18 km) / Gesamtstrecke: 1807 km
Dauer: 4,5h /
Google Maps 139. Etappe

 

- Presse-Frühstück im SOS- Kinderdorf -
Die Nacht war heute mal etwas kürzer, da ich nach dem 2:0 der Bayern gegen Zürich auch dem "Clasico" - Real Madrid gegen FC Barcelona - nicht widerstehen konnte. Zudem war mit Frau Otto vom SOS Kinderdorf ein Presse-Frühstück um 8:30 Uhr vereinbart. Zwei Reporterinnen von regionalen Zeitungen wollten vorbeikommen.
Eine Überraschung gab es noch. Wohl aus einer eigenen Gewohnheit heraus, hatte die Kinderdorf-Mitarbeiterin, die das Frühstück vorbereitete, zu den Eierschnittchen auch ein Fläschchen Maggi gestellt. Das mögen nicht viele, aber ich find's lecker. Besten Dank! Getreu dem alten Verkaufsknaller, den laut Oma Edith immer mein Urgroßvater - seineszeichens erfolgreicher Maggi-Vertreter - benutzt hatte, ließ ich mir die Maggi-Schnittchen schmecken: "Leute, Leute kauft Maggis Würze. Wer sie nicht nimmt, der stirbt in Kürze!"

- Wiedermal zu Gast bei Pfarrers -
Bis heute Nachmittag war der heutige Gastgeber noch nicht gefunden. Bisher hat sich aber in den allermeisten Fällen etwas ergeben, warum sollte es also heute anders sein?!
Den glorreichen Verdienstorden zum 18.08. für erfolgreiche Schlafplatzvermittlung bekommt: Anja Linckus von der BRAWO (Traraaaaa). Sie hat den Kontakt zu Pfarrer Kautz in Brück hergestellt und dort bin ich abends auch sehr nett aufgenommen worden. Ich durfte schon beim Abendessen feststellen, daß hier eine turbulente Familie wohnt. Die vier Kiddies Katharina, Hans, Erich u. Albert sind hier am Start und vor allem die letztgenannten drei hatten noch reichlich unverbrauchte Energie. Albert, der Kleinste, achtete peinlich genau darauf, in puncto Muttis Aufmerksamkeit nicht zu kurz zu kommen. Hans fragte mir Löcher in den Bauch und
schleppte seine Fußballtrophäen an. Der mittlere Sohnemann Erich war sauer, weil er den Tisch abräumen sollte. Also, alles in allem eine quietsch-vergnügte Familie.

 


* 140. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 19.08.2011 *
Strecke: Brück --> Lutherstadt Wittenberg (19 km) / Gesamtstrecke: 1826 km
Dauer: 4,5h /
Google Maps 140. Etappe


- Auf Weltreise zum Brötchenholen -
Als Gast will man ja nicht so sein und sich auch ein wenig förderlich einbringen. Also machte ich den Vorschlag, "kurz" mal zum Bäcker zu laufen und frische Brötchen zu holen. Zwei Dinge durfte ich dann lernen:
Erstens ist Brück ein ewig langgezoger Ort. Zweitens - wie soll es auf anders sein - lag mein Bäcker fast am anderen Ende. Ok, ich will mich in Anbetracht meines aktuellen Zeitvertreibs nicht über einen kleinen Spaziergang beklagen. Paßt schon.
Die Kids waren schon aus dem Haus und so war es ein entspanntes, ruhiges Frühstücken mit Almuth, Helmut und Praktikant Daniel.
Und dann ging's wieder los.

 

- Lutherstadt Wittenberg -
Wenn man in die Stadt kommt, merkt man, daß ordentlich "Geld in die Hand" genommen wurde, um diesen geschichtsträchtigen Ort im besten Licht erscheinen zu lassen. Daß die Reformatoren Luther und Melanchthon hier gewirkt haben, ist längst nicht das einzig Erwähnenswerte der Stadt. Die Universität war zur Zeit Luthers eine der berühmtesten Europas und zog viele Denker, Studenten und Lehrer an. Überall hängen Hinweise auf berühmte Besucher und Bewohner an den Häusern. Ziemlich eindrucksvoll.
Meine heutigen Gastgeber Marina und Harald sind seit vielen Jahren bei SERVAS aktiv und empfingen mich mit einem leckeren Gulasch. So wahnsinnig fit war ich nicht mehr, andererseits reizte mich die angebotene kleine Stadtführung mit Harald. Dadurch, daß die beiden recht viel Besuch von SERVAS-Reisenden aus aller Welt bekommen, ist er gut in Übung beim Thema Stadtrundgang, inklusive einiger kleiner Anekdoten. Z. B. gibt es in Wittenberg ein Hamlethaus. Das heißt deshalb so, weil der gute William Shakespeare seinem Dramenhelden "Hamlet" eine Studienzeit in Wittenberg andichtete. Da die historische Figur Hamlet aber im 12. Jahrhundert lebte, die Universität Wittenberg allerdings erst 1502 gegründet wurde, paßt da etwas nicht zusammen. Unter dem Motto "Wenn er meint..." haben dann die cleveren Wittenberger nicht widersprochen, sondern flux ein passendes Häuschen für den Dänenprinzen ausgewählt. Was nicht paßt, wird passend gemacht. :-)



* 141. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 20.08.2011 *
Strecke: Lutherst. Wittenberg --> Gräfenhainichen (21 km) / Gesamtstrecke: 1847 km
Dauer: 5h /
Google Maps 141. Etappe

 

- Guten Morgen, Herr Hundertwasser -
Nach einem erholsamen Schlaf und einem leckeren Frühstück sind Harald und ich eine weitere Sehenswürdigkeit in Wittenberg besuchen gegangen. Seit 1999 steht das altehrwürdige Luther-Melanchthon-Gymnasium in frischem Glanze, nach den Plänen Friedensreich Hundertwassers umgebaut. Sehr farbenfroh, fast keine rechten Winkel, bauchige Säulen und "Baummieter". Sieht toll aus.

 

 

 

- Hallo DDR -
Bevor es wieder "on the road again" ging, machte ich noch einen Abstecher ins örtliche DDRMuseum. Da haben viele Helfer das Leben im Arbeiter- und Bauernstaat aus vier Jahrzehnten dokumentiert. Mit reichlich skurrilen Exponaten, wie z. B. der "Heißluftdusche" (Bei uns heißt das Teil "Fön") oder dem obligatorischen Vogelkäfig mit Piepmatz in der Küche der 50er Jahre. Preisfrage: Warum hatte wohl jede Küche so einen Bewohner?
In den 20er Jahren trug man(n) ganz stolz den gezwirbelten Schnurrbart. Damit das gute Stück auch beim Kaffeetrinken nicht den Halt verlor, gab es eine spezielle Bartträgertasse (Bilder demnächst online). Sieht lustig aus. Alles in allem ein sehr unterhaltsames Museum.

- Solarium -
Heute war es schön sonnig und ausreichend warm. Mir hat es im Zielort Gräfenhainichen dann auch ziemlich gereicht. Leider ließ sich vorher kein Gastgeber finden, so habe ich mir hier eine Pension gesucht und gar nicht groß von meiner Tour erzählt. Ich war einfach zu kaputt. Mal sehen, wie's morgen wird.

 


* 142. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 21.08.2011 *
Strecke: Gräfenhainichen --> Bad Düben (23 km) / Gesamtstrecke: 1870 km
Dauer: 6h /
Google Maps 142. Etappe

 

- Ich will ja nicht jammern, aber... -
...heute hat's mir echt gereicht. Die Etappe war lang und der Rucksack war schwer. Glücklicherweise hielt das Wetter (anders als vorhergesagt) und ich kam trockenen Fußes in Bad Düben an.
Dort galt es dann noch, einen Gastgeber für heute zu finden, denn da sah es im Vorfeld mau aus. Ich marschierte also zum Pfarramt und klingelte. Kantor Norbert machte mir auf und erwies sich als wahres Goldstück. Er konnte mir zwar im Pfarramt nichts anbieten (Der Pfarrerssohn hatte gestern einen schweren Unfall und wird vielleicht eine Hand verlieren), fragte aber bei der befreundeten Familie Mehrer nach, die mit wunderbarer Gastfreundlichkeit spontan zusagte. Sie holten mich an der Kirche ab und alles Weitere wurde dann ein enspannter Abend.

 


* 143. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 22.08.2011 *
Strecke: Bad Düben --> Leipzig (19 km) / Gesamtstrecke: 1889 km
Dauer: 5h /
Google Maps 143. Etappe

 

- Frühstück im Grünen -
Nach einer angenehmen Nachtruhe im Hause meiner Gastgeber Gabi und Lutz in Bad Düben, stand schon ein reichliches Frühstück auf dem Tisch, als sich der Herr Deutschlandwanderer um 8:00 Uhr mal bequemte, sein Bett zu verlassen. Obwohl wir uns erst gestern kennengelernt hatten, kam es allen so vor, als ob wir uns schon viel länger kennen. Bevor es wieder weiter gehen sollte, konnte ich noch entspannt Tagebuch schreiben, Emails beantworten und den Familien-Dackel kraulen.

 

- Mein Leipzig lob' ich mir (J. W. v. Goethe) -

Die heutige Etappe nach Leipzig war von viel Vorfreude geprägt. Ich habe hier Ende der 90er mal zwei Jahre gelebt und mich sehr wohl gefühlt.
Man merkt gleich, es hat sich viel getan. Wo zu meiner Zeit gebuddelt wurde, stehen heute natürlich schicke Häuser. Es gibt viele Passagen, durch die man sehr schön bummeln kann. An jeder Ecke trifft man auf Geschichte. Wer war nicht alles hier zu Besuch, hat hier gelebt und gearbeitet: Goethe, Bach, Leibniz, Wagner, Nietzsche, uswusw.
Zu Gast bin ich in diesen Leipziger Tagen bei Anna, einer Freundin meiner Berliner Gastgeberin Mira. Wie so häufig auf meiner Tour, fügte sich auch das wieder. Nur ist sie z. Zt. im Urlaub und hinterließ den Schlüssel bei einem Freund. Der kam erst um 20:00 Uhr wieder mit dem Zug in die Stadt und so hieß es, etwas die Zeit totschlagen. Den ganzen Abend, meinen Rucksack durch die Gegend schleppen, bringt auch keine Punkte. Also habe ich mich wissenschaftlich weitergebildet und mich umfassend über die Verhaltensauffälligkeiten genmanipulierter Primaten informieren lassen. "Planet der Affen: Prevolution" hieß der Vortrag und lief im örtlichen Kino. Vorsichtshalber habe ich mal Augen und Ohren auf dem Heimweg offen gelassen. Ma weees ja nie...

- Gesucht: Der Schlüsselmeister -
Um 20:00 Uhr traf ich mich Berend (ein Vorname aus dem Ostfriesischen) am Leipziger Bahnhof und wir schlenderten anschließend zum juristischen Institut, wo er gerade an seiner Doktorarbeit bastelt und den Schlüssel deponiert hatte. Dummerweise funktionierte sein Schlüssel nur für sein Büro und nicht für die Haustür. Bisher kam er immer zu Zeiten, an denen auch andere Mitarbeiter da waren und so merkte er das gar nicht. "Was tun?", sprach Zeus?!
Berend rief einen Kollegen an, der zwar einen Haustürschlüssel hatte, aber nicht um die Ecke wohnte. Also blieb ich vor Ort, er holte daheim sein Fahrrad und fuhr zu seinem Kollegen. Eine halbe Stunde später hatte ich dann auch den Schlüssel und konnte mein Quartier beziehen.

- Einmal Nasi Goreng bitte -
Auf dem Weg dorthin erlaubte sich mein Magen, mich auf eine nötige Nahrungsaufnahme hinzuweisen. Mr. Wok fiel mir da ins Auge. Das Nasi Goreng war lecker und der Küchenchef und ich hatten anschließend noch eine angenehme Plauderei über meine Wanderung. Mein Leipzig lob' ich mir...

 


* 144. - 146. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 23. - 25.08.2011 *
Aufenthalt in Leipzig / Gesamtstrecke: 1889 km

 

- Pressekontakte -
Bei wunderbarem Wetter an den Leipziger Tagen gab es ein paar Pressetermine zu erledigen. Ich hoffe mal, durch die Berichte der Leipziger Volkszeitung, Leipzig Fernsehen und Radio rsa kommen weitere Spenden zusammen. Da muß doch irgendwann noch mal ein "Großspender" zu gewinnen sein, der einen Betrag X pro Kilometer spendet oder die Gesamtspende am Ende verdoppelt. Ich bleibe dran...

- Rundblick über Leipzig -
Dem interessierten Leipzig-Besucher empfehle ich einen Rundumblick vom City-Hochhaus zu machen. Als ich mit dem Fotografen der Volkszeitung oben war, hatte es der Wettergott gut mit uns gemeint und Leipzig in einen wunderbaren Sonnenglanz getaucht. Es hat sich seit meinem letzten Besuch in der Tat vieles verändert. Anstelle des sehr hässlichen Unigebäudes, das an Stelle der 1968 gesprengten Paulinerkirche an den Augustusplatz gebaut wurde, wird nun ein neues Unigebäude hochgezogen, das an das Aussehen der altehrwürdigen Paulinerkirche erinnern soll. Viele Designfehlgriffe der DDR-Architektur wurden mittlerweile korrigiert. Viele, viele schöne Einkaufspassagen, Kneipen, Cafes und Parks laden zum Verweilen ein. Den Bahnhof und das Zoo-Schaufenster sollte man sich auf alle Falle auch ansehen.

- Shakespeare im Regen -
Leider ins Wasser gefallen ist der Besuch eines Theaterstücks mit einer Bekannten, in einem der zahlreichen Innenhöfe Leipzigs. Die Location ansich war toll und hätte das Wetter gehalten, wäre das sicher eine chillige Sache gewesen. Leider begann es kurz nach Beginn (erst leicht) zu regnen und man hatte zunächst den Eindruck von einem grandiosen Timing, da der Zauberer Prospero just im Moment der ersten Regentropfen einen ordentlichen Sturm entfachen wollte. Aus dem Tröpfeln wurde aber sehr schnell ein Wolkenbruch, der die eine Hälfte des Publikums dazu veranlasste, die unter dem Sitz liegenden, lustig ausgehenden roten Regencapes überzuziehen und die andere Hälfte - dazu gehörten wir - aufgrund des geschäftigen Treibens gegenüber zum Schmunzeln zu bringen.
Wir saßen nämlich unter einem praktischen Vordach. Wie auch immer, ich schätze zwei Dinge kamen zusammen: Erstens traf der Zauberspruch wohl direkt Petrus' Gehörgänge und zweitens hat Sandra ganz bestimmt ihren Teller NICHT leer gegessen. Da haben wir's wieder!

- Direktschalte nach Frankfurt -
Im Gespräch mit Christian, einem der unbeugsamen Gallier, die im Hintergrund meine Deutschlandtour unterstützen, kam uns die Idee, ein aktuelles Interview so zu filmen, daß es wie eine Direktschalte vom Museumsuferfest in Frankfurt nach Leipzig aussieht. Dazu brauchte ich nur noch eine kleine Filmcrew. Wie es sich nett ergab, war ich auch bei Mephisto97.6, dem Lokalradio der Universität Leipzig eingeladen, um ein wenig von den bisherigen Erlebnissen zu berichten. Und dort werkeln auch Rebekka und Anna, die mal eben eine Pause machten, um mich bei meinem Filmchen zu unterstützen.
Als Hintergrund bot sich, aus Verbindung zu Frankfurt, das Goethe-Denkmal am Naschmarkt an. Das Wetter paßte, die Mädels hatten auch ein Mikro dabei, was die Aufnahmequalität ziemlich verbesserte und es war schön leer, auf dem sonst recht frequentierten Platz. Mitten im Interview nähert sich ein Tourist, älteren Semesters. Wenn man über halbwegs funktionierende Augen und Ohren verfügte, sollte es leicht zu erkennen sein, daß wir da eben ein Interview durchführten. Aber dieser Besucher war da ziemlich schmerzfrei. Erst stellte er sich unmittelbar neben mich, um den guten Johann-Wolfgang zu fotografieren, dann lief er noch seelenruhig durch's Bild. Schönen Dank auch.

 


* 148. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 27.08.2011 *
Strecke: Grimma --> Leisnig (21 km) / Gesamtstrecke: 1930 km
Dauer: 5,5h /
Google Maps 148. Etappe


- Triathleten -
Als es vormittags wieder los ging, waren auch schon etliche Triathleten zur Vorbereitung der Deutschen Meisterschaften in Grimma unterwegs. Es fing leicht zu regnen an, aber diese Jungs und Mädels sind ja schmerzfrei. Gottseidank hielt der Regen nicht lange an, so ließ sich die Etappe leichter bewältigen.

- Der Fachwerkhof Klosterbuch -
Zu meiner heutigen Gastgeberin, Elsbeth Pohl-Roux, kam ich durch Vermittlung der Döbelner Allgemeinen Zeitung. Tolle Sache, wie sich das manchmal so fügt. Elsbeth hat 2011 mit ihrem Mann in Klosterbuch bei Leisnig den 150 Jahre alten Fachwerkhof erworben und wunderschön hergerichtet. Die Idee war und ist, eine Heimat für ausgegrenzte Menschen zu schaffen. Und so leben und arbeiten dort Behinderte, ehemalige Drogenabhängige, Vorbestrafte, die nach einem Haftaufenthalt nach einer neuen Chance suchten, etc. Mittlerweile wurde auch der alte, verfallene Klosterbucher Bahnhof gekauft und zu diesem Projekt hinzugefügt. Eine Mühle in der Umgebung ist als nächstes dran. Alle sind mit Begeisterung dabei und erhalten so Tag für Tag die Bestätigung, doch "etwas wert" zu sein (siehe auch www.klosterbuch.com)

- Philharmonic Rock in Klosterbuch -
Als ich ankam, wunderte ich mich über reichlich Betrieb in dem kleinen Örtchen. Viele Autos parkten und ein ganzer Strom an Menschen. mit Isomatten und Regenschirmen bewaffnet, strömte in eine Richtung. Der Grund war ein in dieser Ecke ziemlich bekanntes "Philharmonic Rock"-Konzert. Und was ich so von außen später mitbekam, klang nicht übel.
Die Leute in Klosterbuch sind sowieso sehr rührig. Da gibt es etliche Freizeitangebot für Radlfahrer, Kanuten, Kinderfreizeiten, Kutschfahrten. Respekt.



* 149. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 28.08.2011 *
Strecke: Leisnig --> Döbeln (13 km) / Gesamtstrecke: 1943 km 

Dauer: 4h / Google Maps 149. Etappe

 

- Sonntagskirche / Ausspruch des Tages -

Bevor ich mich nach Döbeln aufmachte, nahm ich noch eine Empfehlung von Elsbeth an, den interessanten Gottesdienst der Leisniger Pfarrers zu besuchen. Der war auch in der Tat kurzweilig. Unter anderem, weil die kleenen Schulanfänger heute auf einen neuen Lebensweg geschickt wurden. Sie wurden zwischendrin mal nach vorne, an den Altar gerufen und erhielten kleine Schultüten. Der goldige Ausspruch des Tages kam dann vom kleinen Kevin. Er sollte sich vorstellen und sagen, wo er wohnt. Er sagte schüchtern: "Ich bin der Kevin (und dann schüchtern zum Pfarrer) Ich hab aber vergessen, wo ich wohne..."

- Döbeln, die Stadt des Riesenschuhs -
Döbeln, eine mittelgroße Stadt in Sachsen, war mein nächstes Ziel. Sie wird auch die "Stiefelstadt" genannt. Hier haben sich 1925 die Schuhmacher der Stadt zusammengetan, und fertigten zum 600jährigen Jubiläum ihrer Innung einen 4,60m hohen Stiefel. Wahrscheinlich Schuhgröße 200, oder so.
Zu Gast war ich bei Heike - einer alten Freundin - und ihrer Familie. Ein wenig Stadtbesichtigung, allgemein "auf-den-neusten-Stand-bringen", Wandergeschichten und der Tag war auch schon wieder vorbei.

 

 

 

 

 

 


* 150. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 29.08.2011 *
Strecke: Döbeln --> Meißen (21 km) / Gesamtstrecke: 1964 km

Dauer: 5,5h / Google Maps 150. Etappe

 

- Was ist denn heute los? -
Bevor ich heute die alte Postkutschenroute in die Porzellanstadt Meißen nahm, hatte ich in Döbeln noch ein paar Begegnungen mit Eingeborenen. Allesamt eher unerfreuliche Naturen. Die Backwarenfachverkäuferin in der Teigwarenhandlung hatte gaaanz schwere Mundwinkel und augenscheinlich wenig Bock auf ein mehrsilbiges Gespräch am Montagmorgen. Zwei Mädels, die ich nach einem bestimmten Weg fragte, haben mich praktisch nicht verstanden. Dem Gesichtsausdruck nach dachten sie: "Das rotschwarz gekleidete und bepackte Mensch redet mit uns! Was will es von uns??" Naja, ich habe meinen Weg auch so gefunden.

In Meißen ging das Spielchen dann weiter. Da ich dort leider noch keinen Gastgeber gefunden hatte, lenkte ich meine Schritte in Richtung Tourismuscenter. Wäre der Weg zum Pfarrer näher gewesen, wäre ich vermutlich erstmal dort vorbeigegangen. Die anwesenden Damen waren zwar nett, aber wenig an einer Problemlösung interessiert (wenn ich da an die ungeheuer hilfsbereiten Mädels in Dornumersiel, Niebüll oder Teterow denke...). Ich wurde weiter zum Oberbürgermeister geschickt, von da wieder zurück zum Tourismuscenter, dann zum Bürgermeister (der lustig lachend bemerkte: "Da werden Sie aber ordentlich hinundher geschickt..." Tja Spaßvogel, dann regeln Sie das doch mal kraft Ihres gewichtigen Amtes!). Man empfahl mir schließlich den Gang zu einem Pfarrer, der sinnvollerweise nicht da war. Doch die Mitarbeiterin der Pfarrgemeinde Frauenkirche war sehr hilfsbereit und stellte den Kontakt zu Pfarrer Oehler von der St. Afra-Kirche her. Dieser herzliche Mann Gottes gab mir dann wie selbstverständlich einen Platz zum Schlafen.

- Mit dem Riesenstiefel ins Porzellan -
In Döbeln schaute ich mir vorm Aufbruch noch den gestern beschriebenen Riesenstiefel (4,60m Höhe) im Rathaus an. Der ist wirklich imposant. Wäre ich ein Döbelner Bub, würde ich mal bei der Stadt zwecks Ausleihen anfragen. Das dürfte die Eltern leicht überfordern, wenn an Nikolaus so ein Stiefel mit Süßigkeiten gefüllt werden soll.

- Meißen, die berühmte Porzellanstadt -
Natürlich sieht man hier an allen Ecken und Enden die beiden gekreuzten Schwerter, das Zeichen der Meißener Porzellanmanufaktur. Ein Elefant im Porzellanladen hätte hier seinen Spaß.
Seit 1710 wird hier das "Weiße Gold" hergestellt. In den Anfangszeiten galt die Herstellungsrezeptur als Staatsgeheimnis, wobei diejenigen, die es ausplauderten (wie z. B. ein gewisser Samuel Stöltzel), mit wenig Humor seitens der Meißner zu rechnen hatten. Sei's drum, ich hab mich dann nicht an die Rezeptur, sondern an den abendlichen Ausblick von der Albrechtsburg über die Stadt erhalten.

 


* 151. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 30.08.2011 *
Strecke: Meißen --> Weinböhla (10 km) / Gesamtstrecke: 1974 km
Dauer: 2,5h /
Google Maps 151. Etappe

 

- Früher Start in den Tag -
Pfarrer Oehler informierte mich noch gestern Abend, daß recht früh die Putzfrau vorbeikommt. "Recht früh" hieß bei ihm 6:00 Uhr. Netterweise kam sie heute Morgen schon um 5:45 Uhr, d. h. ich war noch mitten in meinen Packaktionen und die gute Frau war etwas erschrocken, daß hier jemand herumspringt.

- Meißen am Morgen -
Das Schöne am zeitigen Aufstehen waren die Morgeneindrücke in der Stadt. Die ersten Bäckereien öffneten, auf dem Markt wurden die Verkaufsstände aufgebaut, die Sonne kam so langsam raus. Ich kombinierte dann Frühstück und Tagebuchschreiben in einer kleinen Bäckerei und ließ es langsam angehen.

- Mia mit den Strahleaugen -
Kurz bevor ich mich wieder auf den Weg machte, jubelte mir das Schicksal noch eine charmante Begegnung unter; sinnvollerweise heute, als ich schon wieder weiterziehen wollte. Mia lernte ich kennen, weil ich sie umrannte. Mit voller Konzentration auf ausgezeichnete Haltungsnoten in der Kurve, bog ich um eine Straßenecke und rannte ein zierliches, ziemlich erschrockenes Persönchen über den Haufen. Also nicht gestreift, oder so. Ein voller Niederschlag. Ein, zwei Augenblicke waren wir beide sprachlos und das reichte mir, um festzustellen, daß ich DIESE Frau gerne anders kennengelernt hätte. Merde!
Eine Flucht nach vorne ist jetzt passend, dachte ich mir und beschimpfte sie erstmal prophylaktisch. Nein, hab ich natürlich nicht gemacht, sondern mich höflich entschuldigt. Wider Erwarten fand sie die Situation eher lustig und fragte mich (noch im Liegen), wie ich denn diesen Angriff auf ihre Gesundheit wieder gut zu machen gedächte. Ok, das war jetzt ein satter Paß in den Lauf vor's leere Tor. Ich schlug Heiraten vor (ist mir so raus gerutscht), aber das ging ihr doch etwas zu schnell. Aber ein Kaffee müsse schon rausspringen. Ja. Also. Kein Problem. Gerne. Ich hatte dann in der Tat kurz an "Versteckte Kamera" gedacht.
Was folgte, war dann eine sehr charmante Plauderei mit Mia (schwarze Haare, grüne Augen, ein strahlendes, ansteckendes Lachen, alles potentiell Anziehende war gut verteilt), ihreszeichens Lehrerin, wohnhaft in Meißen. Mein Rucksack war ja schwer zu übersehen, also erzählte ich ihr, was ich gerade mache und daß ich Meißen doof finde, weil ich, um an einen Gastgeber zu kommen, von Pontius zu Pilatus laufen mußte. Hätten wir uns gestern kennengelernt, meinte sie darauf, wäre sie gerne Gastgeberin geworden, weil sie so eine Tour durch Deutschland eigentlich toll findet. Super! Tolles Timing. Grrr.
Dann war diese überraschende Begegnung auch schon wieder zu Ende. Sie mußte los, ich mußte los. Wir tauschten noch Kontaktdaten und werden mal sehen, ob es eine Fortsetzung gibt.

- Gut aufgehoben unter Ärzten -
Mein nächstes Etappenziel Weinböhla war nur 10 km entfernt. Ich ließ mir Zeit und gelangte an ein schönes Haus am Waldrand, mit blauen Fensterläden. Meine heutigen Gastgeber Ellen, Michael, Maximilian, Wilhelm und Heinrich sind auch bei SERVAS eingetragen und auch hier war schon die erste Begrüßung sehr herzlich.
Ellen und Michael sind Ärzte und haben beide nach der Wende reichlich Reiseerfahrung gemacht. Es gab abends noch viele Geschichten bei ein, zwei Gläsern Wein zu erzählen. Ich habe mich sehr wohl gefühlt.

 


* 152. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 31.08.2011 *
Strecke: Weinböhla --> Dresden (19 km) / Gesamtstrecke: 1993 km
Dauer: 5h /
Google Maps 152. Etappe

 

- Dresden in Reichweite -
Früh klappte es noch, zusammen zu frühstücken, bevor dann alle recht bald das Haus verließen. Speziell der kleene Heinrich war noch nicht richtig wach. Er nickte immer wieder zwischen zwei Bissen in sein Nutellabrot ein. Ich erledigte noch ein paar Emails und machte mich dann auch auf den Weg.
Von Weinböhla aus ging es durch den Wald in Richtung Schloss Moritzburg. Das ist ein Jagdschloss von August dem Starken (Kurfürst von Sachsen) und liegt wunderschön in einen See eingebettet. Es gibt da einen so genannten "Monströsensaal". Dort befindet sich eine der größten Hirschgeweihsammlungen der Welt. Geschmacksache. Nach den obligatorischen "Ich-war-da"-Fotos - netterweise von einer zufällig anwesenden Fotografin gemacht - ging es weiter in Richtung Dresden.

- Dresden, das "Elbflorenz" -
Wie auch bei Leipzig oder anderen Städten in den Neuen Bundesländern, fallen die vielen Bauvorhaben und Veränderungen ins Auge, wenn man eine längere Zeit nicht da war. Ich war zuletzt 2007 in Dresden und es hat viel getan. Der Gang von der Dresdner Neustadt über die Augustusbrücke in die Altstadt ist aber nachwievor ein Augenschmeichler. Ich hatte noch etwas Zeit, bis ich mit meinen Gastgebern verabredet war, also machte ich einen Schlenker zur Frauenkirche und genoss einen sehr guten Cappuccino im Anblick diesen imposanten Bauwerks.
Inge und Winfried, meine heutigen Gastgeber, sind alteingesessene Dresdner, mit einem Haus im Grünen am Rand der Stadt. 2002, als die große Überschwemmung Dresden heimsuchte, waren sie hier auch voll betroffen. Das muß damals richtige Nachkriegsatmosphäre gehabt haben. Kein Strom, Hamsterkäufe, abgeschnitten von der Außenwelt. Heute ist natürlich alles wieder in Ordnung, aber richtig heraus aus den Köpfen ist das damals Erlebte noch nicht. Inge hat ihr Leben lang in sozialen Bereichen gearbeitet und Winfried ist Physiker, seit 2008 aber im Ruhestand. Beide sind sehr interessiert an Kunst, Literatur und Reisen. Winfried hat erst kürzlich ein beeindruckendes Buch über einen Romaufenthalt vor ein paar Jahren fertiggestellt. Reschpekt!

 

Deutschland Tour 2011/12    info@deutschland-tour-2011.de